Straubing Tigers gewinnen das FAN-PLAYOFF FINALE 2019/2020 gegen die Augsburger Panther


(Straubing Tigers/Hermann Graßl) Die diesjährige DEL Spielzeit hätte kein interessanteres Endspiel vorsehen können: Straubing gegen Augsburg, eine Partie, die es in einer Finalserie noch nie gab. Die meisten Eishockey Experten trauten den Tigers den Finaleinzug durchaus zu, doch Augsburg hatten wohl die Wenigsten auf dem Zettel, mussten doch die Fuggerstädter als Zehnter noch die PRE-Playoffs bewältigen, wo sie gegen die favorisierten Ingolstädter souverän gewannen. Im Viertelfinale ließ der AEV den Red Bulls aus München keine Chance und auch das Halbfinale gestalteten sie gegen Mannheim bockstark. Insgesamt kassierten sie nur zwei Niederlagen. Dies sollte den Tigers Warnung genug sein.

 

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Los geht’s am 3.5.2020 am Pulverturm, da die Straubing Tigers aufgrund ihrer deutlich besseren Platzierung in der Hauptrunde das Heimrecht genossen. Dies könnte sich durchaus noch als Vorteil erweisen, hatten doch die Tigers ihre beiden Partien zuhause gegen die Fuggerstädter gewonnen – ein gutes Omen?


Beide Teams hatten speziell für die Finalserie ein neues Trikot Design entworfen, das heute zum ersten Mal zum Einsatz kam. Gerade die Straubinger waren auf ihren gelungenen Entwurf sehr stolz, passend zum bekannten Slogan „Der Stolz einer Stadt“.


Man merkte beiden Teams sichtlich an, dass sie großen Respekt voneinander hatten; dies zeigte sich auch in den ersten gespielten Sequenzen auf dem Eis. Mit „Hockey Schach“ hätte man das erste Drittel auch umschreiben können, so kontrolliert und defensiv orientiert agierten beide Mannschaften, um nur nicht den ersten vielleicht entscheidenden Fehler zu begehen. Schon jetzt war klar, diese Serie würde so Einiges bieten, zumindest ein torreiches Match war jedenfalls heute nicht unbedingt zu erwarten.


Im zweiten Spielabschnitt löste sich die Anspannung der Spieler merklich und es ging richtig zur Sache, jeder Check wurde nun zu Ende gefahren und es wackelte oft sehr bedenklich in den Banden der Rundungen, wo oft Spiele im Kampf eins gegen eins um die Hartgummischeibe entschieden werden.


Es war nur eine Frage der Zeit, wann die Tigers in Führung gehen sollten und da war es auch schon passiert: ihr Special Team hat im Powerplay in Person ihres Top Scorers Mike Connolly zugeschlagen; die Hütte bebte und der Funke sprang auf das heimische Team über. Der AEV ließ sich nicht beirren, fuhr selbst gefährliche Angriffe vor das gut gehütete Tor von Jeff Zatkoff. Der Teufelskerl schien unüberwindbar zu sein und machte nicht den Eindruck, als ob er einen kleinen Fehler begehen würde.


So kann man sich täuschen - Mitte des zweiten Drittels konnte er einmal den Puck nicht unter sich begraben und sofort war Drew McBlanc zur Stelle und staubte clever ab zum Ausgleich, der nicht mal unverdient war zu diesem Zeitpunkt. Augsburg war inzwischen auf Augenhöhe mit dem Tabellendritten und konnte sich aus dessen Fesseln befreien.


Jetzt war es ein Kampf auf Biegen und Brechen, man hatte auf der Tribüne das Gefühl, das nächste Tor könnte die Entscheidung bringen. Und so war es auch - kurz vor Ende der Partie, in der 59. Spielminute stibitzte Sezemsky einem Straubinger Verteidiger die Scheibe und schlenzte sie perfekt in den Winkel, als er zuvor noch mit einem brillanten Move Benedikt Schopper frech austanzte.


Die mitgereisten AEV Fans flippten aus und konnten ihr Glück nicht fassen. Jetzt galt es, „nur“ noch knapp 70 Sekunden im brodelnden Hexenkessel zu überstehen, zumal die Tigers natürlich alles riskierten und mit dem 6. Feldspieler ihren letzten Trumpf zogen. Der AEV sah sich einer riesigen Angriffswelle gegenüber und musste Schwerstarbeit verrichten. Trotz zweier Aluminiumtreffer schafften es die Straubinger nicht mehr, das Remis zu schaffen und somit in die Verlängerung zu gelangen.
So gesehen hatte die makellose Hauptrundenstatistik bei den Heimspielen nun keinen Bestand mehr - ein Finale schreibt doch seine eigenen Gesetze.


Ganz Niederbayern war nun auf den Beinen, um das zweite Match in Augsburg live mitverfolgen zu können. Man hatte das Gefühl, wenn man mit den Fans plauderte, dass sich hier tatsächlich was ganz Großes anbahnen könne im Jahr mit der Schnapszahl. Aber zunächst galt es einmal den ungeplanten Rückstand des verlorenen Heimspiels in der Fremde auszugleichen. Dies würde sich ohnehin als eine Monsteraufgabe erweisen, zu dominant agierten die Fuggerstädter meistens im heimischen Curt-Frenzel-Stadion.


Das Quantum Lampenfieber merkte man den Tigers deutlich an. Bei der Vorstellung der Starting Six konnte man auch in den Gesichtern der Augsburger ihren Respekt vor dieser einzigartigen Atmosphäre rauslesen.

 



 

Mit der Euphorie des Auswärtserfolgs beflügelt legten die Augsburger auch gleich wie die Feuerwehr los und berannten das Gehäuse von Zatkoff mit gut ausgedachten Angriffen. Der arme Jeff musste im Minutentakt Schüsse über sich ergehen lassen, bevor er dann das erste Mal bezwungen wurde von Lambs fulminanten Weitschuss unter den Giebel. Hier gab es überhaupt nichts zu halten für den Straubinger Stanley Cup Sieger aus 2016, der auch keine Reaktion zeigte.  Diese Führung verlieh den Schwaben Flügel und versetzte die Tigers in eine längere Schockstarre, was zur Folge hatte, dass noch ein weiterer Treffer für die Augsburger auf der Anzeigetafel erschien. Als Torschütze trug sich T.J. Trevelyan ein.


Es stellte sich nicht nur für mich die berechtigte Frage, ob die Hausherren dieses hohe Tempo und diesen ausgeklügelten Spielwitz über 60 Minuten auch durchhalten konnten. Ich hatte meine Zweifel!


Bei den Tigers zahlte sich wohl im Vorfeld die Arbeit des neuen Fitnesstrainers aus. Er zeichnete vor allem dafür verantwortlich, dass die Tigers zu keiner Zeit nachließen und sich von den Krallen der Panther befreien konnten. Chapeau, das habe ich wirklich nicht erwartet!


Der frühe Anschlusstreffer durch Williams im letzten Drittel zum 1:2 war das Signal zum Angriff, plötzlich boten die Tigers ausreichend Paroli und legten sogar noch eine Schippe drauf. Ihre erste Paradeformation spielte sich nun in einen Rausch, was logischerweise zum schnellen Ausgleich durch Connolly führte. Nun wussten die Augsburger nicht mehr, wie ihnen geschah. Sie wurden regelrecht durcheinandergewirbelt von den Straubingern, die nur noch wenig zuließen.  Es war zwar noch ein dickes Brett, das die Tigers durchbohren mussten, aber in Person von Felix Schütz bejubelten sie doch noch den späten Siegestreffer im Curt-Frenzel-Stadion, nachdem der bisherige Sturmlauf noch nicht den gewünschten Erfolg brachte trotz bester Gelegenheiten im Minutentakt.


Für das dritte Match nahm sich Straubing viel vor. Es bleib nicht viel Zeit zum Durchschnaufen, ganz klares Ziel für das zweite Heimspiel war es, beim verwöhnten Erfolgseishockey zu bleiben, um das erste Mal in der Serie in Führung zu gehen. In ihrer heimischen Arena waren die Tigers nun bis in die Haarspitzen motiviert und zeigten dies auch im ersten Drittel, als sie den AEV kaum aus ihrer Zone herauskommen ließen. Markus Keller, heute für die etatmäßige Nr. 1 Roy im Kasten, und seine Vorderleute waren vorwiegend mit der Verteidigung beschäftigt und waren kaum in der Lage, vernünftige Angriffe zu starten. Dies resultierte folgerichtig in einer 2:0 Führung für die Tigers in Form eines Doppelpacks von Laganière, ihrem filigranen Techniker.


Es kristallisierte sich ein extrem hartes, mit vielen Nicklichkeiten geführtes Spiel heraus, welches zahlreiche Strafzeiten nach sich zog, von denen hauptsächlich die Tigers betroffen waren. Leider ließen sich die Straubinger im Mittelabschnitt wieder mal zu sehr provozieren, allen voran unsere #62, Sena Acolatse, der dann natürlich seine herausragenden Unterzahlqualitäten nicht demonstrieren konnte. Dies wussten die Augsburger geschickt auszunutzen und legten ihren Matchplan darauf an. Die Tigers konnten sich aus dieser Umklammerung für einige Momente nicht richtig befreien und mussten zwangsläufig den Anschluss der Augsburger zulassen. Und es kam sogar noch schlimmer für die Hausherren. Der AEV witterte nun Morgenluft und gewann zusehends die wichtigen Zweikämpfe in den Rundungen, was automatisch zu mehr Puck Besitz führte. Dies führte zwangsläufig zum Ausgleichstreffer für die Fuggerstädter.


Für das Schlussdrittel war jedenfalls für Dramatik gesorgt mit diesem Spielstand, der auch so in Ordnung ging. Beiden Teams war die Anspannung anzumerken, keiner wollte DEN entscheidenden Fehler begehen, der das Match zum Kippen bringen könnte.


Letztlich war es den Augsburgern vorbehalten, den finalen Punch zu setzen durch Hafenrichter, der sich schon öfter als Joker bewährt hatte. Die Tigers Fans waren nun paralysiert, es war mucksmäuschenstill, nur der AEV Anhang konnte sein Glück nicht fassen. Konnten sie tatsächlich erneut die Tigers in deren Wohnzimmer in die Knie zwingen?


Es waren noch 4 Minuten zu absolvieren, jetzt stieg auch wieder die Lautstärke der heimischen Fans an, die ihre Lieblinge frenetisch nach vorne peitschten, um doch noch in die Overtime zu gelangen. Trotz toller Chancen sollte es nicht mehr klappen; man musste den Augsburgern erneut den Sieg überlassen.


Für Tom Pokel’s Team war dies eine lehrreiche Erfahrung; aus seiner Sicht kam sie grad recht, damit seine Protagonisten sich nicht schon auf Wolke sieben wähnten. Pokel betrachtete diesen Ausrutscher nur als kleinen Betriebsunfall, denn seine Mission lautete ja immer noch „Unfinished Business“ und darauf war er weiterhin fokussiert. Und wieder mussten die Tigers einem Rückstand hinterherlaufen, das war schon ungewöhnlich. Aber jetzt konnten sie endlich zeigen, ob sie inzwischen zu einem Spitzenteam gereift sind, das mit solchen brenzligen Situationen umzugehen weiß.

 


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(Foto Dunja Dietrich) 



Die Augsburger Fans waren natürlich bestens gelaunt ob des zweiten Sieges in der Fremde bei den favorisierten Niederbayern. Das Curt-Frenzel-Stadion meldete „sold out“ und die Party konnte beginnen. Dies war die mega Gelegenheit für den AEV, in dieser Finalserie sogar davon zu ziehen.


Genauso dynamisch starteten die Fuggerstädter auch in die Begegnung mit blitzartig vorgetragenen Angriffen über ihre wieselflinken Außenstürmer, die den Tigers kaum Zeit zum Atmen ließen. Schnell war klar, dass die Hausherren heute nichts anbrennen lassen wollten und nur ein Ziel vor Augen hatten: Sieg # 3! 


Tray Toumie vertraute auf die Stärken seiner ersten und zweiten Sturmformation und behielt Recht. Eine feine Kombination zwischen Payerl und Trevelyan schloss Letzterer mit einem trockenen Schlagschuss oben unter die Latte des von Zatkoff gehüteten Tores der Tigers ab. Nun brodelte der Hexenkessel und der Lärmpegel stieg auf dreistellige Dezibel Werte. Davon konnten auch die sonst so lässigen Tigers nicht unbeeindruckt sein. Sie verloren etwas die Grundordnung und mussten sich weiterer Offensivpower erwehren. Lamb war dann zur Stelle und staubte zum 2:0 am Ende des ersten Drittels ab. War das schon die halbe Miete für den dritten Sieg?


Die Tigers hatten noch was dagegen und begannen ihrerseits im Mittelabschnitt ihren Game Plan dem AEV aufzuzwingen. Dies gelang teilweise auch und die Straubinger wurden mit dem Anschlusstreffer durch Laganière belohnt, der sich wieder unwiderstehlich durchtankte. Endlich konnten die Tigers das zunächst einseitige Match ausgeglichener gestalten und verbuchten so manche top Einschussmöglichkeit. Bisher blieb es bei der knappen Führung für die Augsburger.


Das letzte Drittel wurde anfangs wieder klar vom AEV dominiert, der drauf und dran war, den nächsten Nackenschlag für die Tigers zu setzen. Nur das Gestänge und etliche Klasse Paraden von Zatkoff verhinderten Schlimmeres.


Ein sehenswerter Schlagschuss von der blauen Linie durch Eriksson im Rahmen eines der seltenen Überzahlspiele für die Tigers verhalf dann tatsächlich den Niederbayern zum Remis. Dieser Ausgleich war etwas glücklich zu diesem Zeitpunkt, waren es doch die Hausherren, die bisher dieser Begegnung ihren Stempel aufdrückten.


Die Tigers wollten nachsetzen und das Momentum nutzen. Zugleich verloren die Augsburger in den Schlussminuten für einen Bruchteil an Sekunden ihre Grundordnung und wurden für diese Nachlässigkeit prompt brutal bestraft. Sven Ziegler versetzte 63 Sekunden vor Ende dem AEV den Todesstoß in diesem Match; von diesem späten Schock erholten sich die tapferen Fuggerstädter nicht mehr und Straubing markierte den Serienausgleich. In ihrem dritten Heimspiel war es für die Tigers höchste Zeit, den ersten Sieg einzutüten, aber bisher spielte der Vorteil „Dahoam“ in dieser Serie überhaupt keine Rolle. Es ging also wieder bei Null los.

 




Nach der würdigen Intonation der Nationalhymne ging es gleich Butter bei die Fische. Den Tigers war schon ein wenig die Nervosität anzumerken, doch Tom Pokel hatte im Vorfeld für optimale Vorbereitung gesorgt. Er behielt die erfolgsverwöhnten Sturmreihen bei, er mischte nichts mehr durcheinander oder machte irgendwelche Experimente; getreu dem Motto „never change a winning team“ beließ er alles beim Alten. Sollte sich dies am Ende auszahlen?


Diese Schlüsselbegegnung mit Weichenstellung für den weiteren Serienverlauf war gekennzeichnet von Kampf und Krampf im ersten Spielabschnitt; keines der beiden Teams wollte sich eine Blöße geben und die Offensive zu schnell befeuern. Abwarten und dosiertes Anrennen waren angesagt, Defense first!


So gesehen war ein torloses 0:0 durchaus gerechtfertigt. Die Fans waren sich aber sicher, ab dem Mittelabschnitt würde sich dies ändern. Und so bewahrheitete sich es auch: wie von einer Tarantel gestochen wurden die Füße der Tigers plötzlich viel schneller und sie flitzten durch das Augsburger Verteidigungsdrittel. Mitch Heard und Konsorten verzauberten mit ihren tollen Moves. Die stämmigen Verteidiger des AEV wurden regelgerecht schwindelig gespielt.


Auf dem Score Board schlug sich dieses Offensivspektakel in einer 2:0 Führung nieder (Torschützen: Brandt und Turnbull), zu diesem Zeitpunkt hoch verdient für die Tigers, die nun klar den Ton angaben.


Mit diesem Vorsprung ging es dann in den Schlussabschnitt, in dem die Tigers ihren Fokus primär auf Verwalten des Vorsprungs legten, wohlwissend, dass die Fuggerstädter nun zu einem Sturmlauf ansetzen würden. Dies trat auch genauso ein, die technisch versierten und gut ausgebildeten Spieler der Augsburger zeigten nun ihr ganzes Können, was auch nötig war gegen Straubing in dieser glänzenden Verfassung.


Die Tigers waren nun nicht mehr in der Lage, strukturierte Angriffe vorzutragen. Ganz im Gegenteil, sie mussten sich nun den teils wütenden Bemühungen der Augsburger entgegenstemmen. Diese Aufgabe erforderte einen Kraftakt.


Der AEV agierte nun wie im Rausch, spielte mit den Tigers Katz und Maus, was sich im logischen Anschlusstreffer durch Trevelyan niederschlug. Augsburg ließ nicht locker und erzielte unmittelbar danach gar den Ausgleich. Was war denn nun los am Pulverturm? Alles war wieder auf Anfang gesetzt.


Mit dem letzten unbändigen Einsatzwillen gelang es den Straubingern bis 63 Sekunden vor Schluss Paroli zu bieten. Der AEV hatte großes Glück, als zuvor ein Blueliner von Brandt nur das Torgestänge von Roy streifte. Unfassbar aber wahr - Augsburg netzte tatsächlich noch durch Rogl hinter Zatkoff ein und sorgte mit diesem Husarenstreich für Totenstille am Pulverturm.


Der Eishockey Gott hatte heute einfach kein Einsehen mit den Tigers, die nun in der Serie schon wieder zurücklagen, während die Fuggerstädter den ersten Matchpuck auf der Habenseite verbuchten. Dieser Heimfluch schien wie ein Damoklesschwert über den Tigers zu schweben.

 


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(Foto Dunja Dietrich)


 

Spiel 6 in Augsburg fand vor erneut über 6.100 erwartungsfrohen Zuschauern statt. Nun waren wieder die Tigers in Zugzwang und mussten unbedingt ein weiteres Mal gewinnen, um noch eine Chance auf den Titel zu wahren. Vielleicht konnten auch sie es erneut schaffen, den Heimnimbus der Augsburger zu knacken.


Die Niederbayern marschierten und versuchten ihre anfängliche Verkrampfung mit deutlicher Körpersprache zu kompensieren. Sie fuhren jeden Check zu Ende, oft auch hart an der Grenze des Erlaubten, aber das nahmen sie billigend in Kauf. Straubing wollte auf diese Weise dem AEV von Anfang an den Schneid abkaufen, um ihre letzte Chance heute zu nutzen. Das bedeutete, dass sie sogar in Unterzahl mit aller Macht probierten, selbst einen Gegenangriff zu fahren und es sprang dabei die eine oder andere hochkarätige Gelegenheit heraus. Ihr schier übermächtiger Drang nach vorne wurde schließlich mit dem heiß ersehnten Führungstreffer durch ihren Top Torjäger Williams belohnt, wer sonst? Auf Jeremy war stets Verlass.


Die Augsburger waren heilfroh, dass die Drittelsirene ertönte und zum Pausentee gerufen wurde. Nun galt es sich zu schütteln und zu sammeln für den Mittelabschnitt, der unbedingt eine Steigerung erforderte, um hier nicht mit Pauken und Trompeten unterzugehen.


Der AEV fasste nun Mut und begann selbst aktiver zu werden. Dies hätte sich beinahe auch ausgezahlt, doch die Ausbeute waren lediglich zwei Pfostentreffer. Nach diesem kurzen Intermezzo erspielten sich die Gäste wieder ein Übergewicht, das sie jedoch nicht in Zählbares ummünzen konnten, zum Glück für die Augsburger, die schon gehörig unter Druck standen.


Die Zeit lief den Panthern gnadenlos davon und sie selbst mussten den einen Treffer erzielen, um sich zumindest in die Verlängerung zu retten. Das war nun ihr neues Minimalziel für diese Begegnung, ihr Matchplan hatte sich total geändert. Im letzten Drittel warfen sie ihre lang gezeigte Zurückhaltung vollends über Bord und gestalteten durchdachte Spielzüge, die auch Straubings Zatkoff gehörig ins Schwitzen brachten. Der Blick der Tigers war nun immer mehr auf die Zeitanzeige unterm Stadiondach gerichtet, die Minuten zerronnen, aber ihr Vorsprung war noch zu hauchdünn, um sich zurückzulehnen.


Da fasste sich Scott Valentine in der letzten Minute ein Herz und feuerte in letzter Verzweiflung einfach mal einen strammen Schuss fast von der Mittellinie auf Zatkoff, der davon wohl total überrascht war und den Puck wie aus dem Nichts durch seine Hosenträger in Zeitlupe ins Tor trudeln ließ.


Die Hoffnung stirbt zwar immer zuletzt und gerade im schnellsten Mannschaftssport der Welt ist nichts unmöglich bis die Sirene wirklich ertönt. So mancher Fan erinnerte sich an den damaligen Abschluss von Calvin Elfring im Dress von Bietigheim, der seinerzeit das Straubinger Publikum im Viertelfinalmatch schon einmal versteinern ließ. Die Geschichte schien sich hier und jetzt zu wiederholen. Tragisch!


Umso größer war nun die Begeisterung der Hausherren über diesen späten Ausgleich, der von den Fans fast schon wie ein Sieg gefeiert wurde. Nun hatten sie die Energie eindeutig auf ihrer Seite, sie mussten „nur“ noch den momentanen Schockzustand bei den Tigers mit einem weiteren Treffer versüßen. Es blieb beim Unentschieden, was die erste Overtime bedeutete, ein viertes Drittel war zu absolvieren.


Tom Pokel schwor nun seine Truppe nochmals ein und schickte seine Paradeformation auf das Eis mit Brandt und Kohl als absichernde Verteidiger sowie Connolly, der Zaubermaus und Williams, seinen kongenialen Partner im Sturm. Diese Haudegen sollten es nun richten für die Tigers. Die Fans waren zuversichtlich und vertrauten den Akteuren.


Es gab auch in dieser Verlängerung kein Abtasten, beide Teams suchten möglichst schnell ihr Heil in der Offensive und kreierten interessante Rochaden auf dem Eis. Nach einer brenzligen 2 gegen 1 Situation im Tigers Drittel fuhren sie selbst im unmittelbaren Gegenzug einen Angriff in numerischer Überzahl, den schließlich Jeremy Williams mit einem satten One Timer nach fantastischem Zuspiel von Connolly nur an die Querlatte bugsierte.


Es liefen die letzten beiden Spielminuten, die Anspannung war bis zum Hallendach zu spüren; etliche Zuschauer hatten das Match gegen Ingolstadt mit dem unfassbaren Ende zugunsten der Tigers kurz vor Ende im Gedächtnis.


Auch in dieser Begegnung wollten die Tigers das Spiel vor einer erneuten Verlängerung beenden, ja sie standen unter dem Druck des Siegen Müssens, wollten sie die Serie an den Pulverturm zurückholen.


Jetzt brach die letzte Minute an und die Tigers organisierten eine letzte Attacke auf das Gästegehäuse. Roy war fokussiert, er gestikulierte wild mit seinem Schläger und rief seinen Vorderleuten Kommandos zu. Vielleicht erkannte er, dass dem einen oder anderen die Angst ins Gesicht stieg und die Konzentration etwas verloren zu gehen schien in dieser heißen Endphase des Spiels.


Ein letzter Schuss von Schütz, der am Außennetz einschlug; die Zeitnehmer hatten die Uhr fest im Blick, die Fans schrien schon vor Begeisterung, dann um kurvte die Zaubermaus Mike Connolly das Tor und versenkte gedankenschnell die Hartgummischeibe nach einem seltsamen Abpraller von der Bande tatsächlich im Tor - kaum zu glauben, unfassbar, die Anzeigetafel zeigte 1,9 Sekunden vor der Sirene an.


Hatte sich tatsächlich das Märchen gegen Ingolstadt wiederholt? Es war eine 1:1 Kopie seines Treffers, einfach unglaublich!


Die Tigers Fans waren nicht zu bremsen in ihrem Jubel, das Stadion wackelte. Aber es war noch nicht vorbei, denn die Schiedsrichter mussten den Videobeweis bemühen. Die Prüfung des regelkonform erzielten Treffers noch innerhalb der Spielzeit dauert eine gefühlte Ewigkeit; die On-Ice Entscheidung lautete auf Tor seitens der Referees. Dies musste nun im Videostudium glaubhaft widerlegt werden.


Wenn man in die Mienen der Straubinger Spieler blickte konnte man in dem einem oder anderen Gesicht schon ein sehr breites Grinsen ausmachen. Oft haben die Akteure auf dem Eis schon das richtige Gespür für solche kniffligen Entscheidungen. Wirklich jeder Zuschauer blickte gebannt in Richtung Zeitnehmer und Bildschirm, wo die beiden Hauptschiedsrichter die Szene ausgiebig durchleuchteten.


…und dann war es soweit, die Entscheidung nahte und die Gäste Fans wurden nun sehr laut: dieser Treffer zählte, die erste Entscheidung auf dem Eis wurde somit bestätigt. Der Sudden Death Treffer war nun offiziell und die Tigers konnten sich auf ein Endspiel am heimischen Pulverturm freuen.

 




Das alles entscheidende Match um die deutsche Meisterschaft fand nun wieder in Straubing statt. Waren schon die ersten 6 Begegnungen von hoher Spielkunst und Dramatik gekennzeichnet, so erwarteten beide Fan Lager auch in diesem finalen Spiel Ähnliches.


Spieler Ikonen wie Erich Kühnhackl und Alois Schloder oder Lieblingsakteure der Tigers wie Billy Trew, Mike Bales und Calvin Elfring hatten sich im Vorfeld angekündigt und ließen es sich nicht nehmen, live mit von der Partie zu sein. Als Sahnehäubchen erschien zudem noch der Aufstiegserfolgstrainer Olle Öst, der extra aus seiner Heimat Schweden in die beschauliche Gäubodenstadt reiste.


Die Geschichte dieses „Endspiels“ ist letztlich schnell erzählt, lief es doch ganz anders ab wie die vorhergehenden Matches. Die Tigers fanden wieder zur gewohnten Heimstärke zurück und zeigten schnell, wer Herr im eigenen Wohnzimmer ist.


Wurden die Straubinger von den illustren Gästen so verzaubert, dass sie dem bisher so zähen Gegner aus Augsburg von der ersten Minute an nicht den Hauch einer Chance ließen? Hatte der AEV sich bis hierher vielleicht zu sehr verausgabt und heute nichts mehr im Tank?


Das erste Drittel war geprägt von schnellem, zielstrebigem Kurzpassspiel der Tigers, die sich für diese Galavorstellung mit einer beruhigenden 2:0 Führung belohnten. Man hatte nie das Gefühl, dass die Fuggerstädter ein ebenbürtiger Gegner waren, was durchaus überraschend war vor dem Hintergrund der bisherigen engen Serie.


Dies änderte sich auch nicht wesentlich im Mittelabschnitt, den die Niederbayern ebenso souverän absolvierten und noch einen weiteren Treffer durch Balisy drauflegten. Für die meisten Zuschauer schien die Messe gelesen zu sein, zu deutlich war die Überlegenheit der Tigers. Augsburg reagierte nur, die Hausherren waren immer einen Schritt schneller und hatten stets die bessere Idee auf dem Eis.


Coach Toumie brachte Keller für Roy, um damit ein Zeichen zu setzen. Die erste Schlägerei angezettelt von Kosmachuk sollte ebenfalls den nötigen Energieschub bringen, doch all dies verpuffte. Ganz im Gegenteil, die Tigers ließen sich nicht aus dem Konzept „schlagen“ und bestraften diese Undiszipliniertheiten mit dem vierten und letzten Treffer in Person von Connolly, der ein geniales Zuspiel von Williams mit der Schlägerspitze frech ins Tor beförderte.


Jetzt war auch der letzte Widerstand der Augsburger gebrochen und die Party nahm auf den Rängen schon Fahrt auf. Gigantische Transparente wurden auf der Südkurve ausgerollt mit Dankeslorbeeren an die Tigers Organisation.


Mit der Shake Hands Zeremonie, der neben den Spielern auch die Coaches samt Betreuer auf dem Eis beiwohnten, ging dieser geschichtsträchtige Nachmittag zu Ende. Ein überwältigender Erfolg für das kleine Straubing, dem gallischen Dorf in der Premium Liga des deutschen Eishockeys.


Auch Toumie wählte nur anerkennende Worte für die Leistung der Straubinger, die er schon während der Hauptrunde als gefährlichsten Gegner für die Playoffs ausmachte. In der anschließenden Pressekonferenz, die nun zum ersten Mal bis auf den letzten Platz von Journalisten begleitet wurde, wurden die Coaches, hier vorwiegend Tom Pokel mit Fragen „bombardiert“. Tom war ausgesprochen stolz über die erfolgreiche Vollendung seiner Mission, dem ‚unfinished business‘ wie er es immer wieder betonte.

Sein Lächeln kannte keine Grenzen, Tom zählte in diesem Moment zu den glücklichsten Menschen hier im kleinen Straubing.

Nach seinem famosen Erfolg mit dem HC Bozen vor etlichen Jahren setzte er nun mit diesem Titel ein weiteres dickes Ausrufezeichen in der Eishockey Welt!


Alle waren nun außer Rand und Band im weiten Rund der Halle, die so etwas Unglaubliches noch nicht erlebt hatte. Der DEL Champion in der Saison 2019/2020 hieß tatsächlich Straubing Tigers, für viele durchaus noch etwas surreal. Manche mussten erst mal gekniffen werden, damit sie von ihrem Traum aufwachten, um die Realität ausgiebig zu feiern.


Die Medien überschlugen sich in ihrer Berichterstattung und waren höchsten Lobes für Straubing, denen man die Championship in diesem Jahr wohl am Meisten gegönnt und auch zugetraut hatte.


Manche Schlagzeile lautete „Gallisches Dorf zermürbte Fuggerstädter“, „Niederbayern zerstörte jäh schwäbische Titelträume“, „Tiger schnappten Panther den 2. Titel weg“, „Finished Business in Straubing“, „Meister der Herzen“.


Diese Wertschätzung und Hochachtung, die sich auch in den überregionalen Printmedien niederschlug, hatte sich dieser DEL Standort wahrlich mehr als verdient.
Die Tatsache, dass Tom Pokel am 28.03.2020 im Rahmen der wegen der Corona Pandemie virtuell stattfindenden DEL-Gala zum Coach des Jahres gewählt wurde, ist das Sahnehäubchen oben drauf.


Darüber hinaus war Straubings Trainer Tom Pokel auch für die Wahl zum Globetrotter Coach of the Year Award der E.H.C. (Alliance of the European Hockey Clubs) 2019/2020 nominiert, bei der er sich gegen starke Konkurrenz aus der finnischen, schwedischen und schweizerischen Liga beweisen durfte. Mit dem finnischen Headcoach lieferte sich Tom lange Zeit ein Kopf an Kopf Rennen und lag sogar in Führung.


Stimmen zum Spiel und der Serie:


Tom Pokel (SRT): “Ich bin unglaublich stolz auf meine Mannschaft, die sich in einer heiß-umkämpften Serie gegen einen starken Gegner letztlich verdient durchgesetzt hat. Heute ziehe ich den Hut vor den Jungs, heute Abend werden wir diese Meisterschaft gemeinsam mit allen aus der Organisation feiern.“


Tray Toumie (AEV): “Respekt an Straubing, die verdient Champion geworden sind. Trotz der engen Serie war heute nicht mehr drin für meine Spieler, die alles gegeben haben in den letzten Wochen und stolz sein können auf dieses Finale. Wir freuen uns auf ein Wiedersehen nächste Saison.“

 

Aufstellung:


Augsburg:
Roy (Keller), Lamb, Rogl, Kosmachuk, LeBlanc, Hafenrichter, McNeill, Haase, Payerl, Stieler, Trevelyan, Sezemsky, Valentine, Sternheimer, Mayenschein, Holzmann, Tölzer, Fraser, Gill, Schmölz.


Straubing:
Zatkoff (Vogl), Eriksson, Acolatse, Moullierat, Connoly, Williams, Brandt, Renner, Schütz, Brunnhuber, Loibl, Schopper, Daschner, Laganière, Balisy, Turnbull, Gläßl, Schönberger, Heard, Mulock

 

 

 

 

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