Fanatec Arena, Landshut – Teil 2 - Interview mit Hr. Dumps von Feigel – Dumps Architekten BDS und Hr. Herrndobler, Bauherr und Projektleiter vom Amt für Gebäudewirtschaft

 

Interview (Landshut/HG) eishockey-online.com hat mit Hr. Dumps von Feigel-Dumps Architekten BDS und Hr. Herrndobler, Bauherr und Projektleiter vom Amt für Gebäudewirtschaft über diverse Themen rund um die neugestaltete Fanatec Arena des EV Landshut gesprochen.

 

Im zweiten Teil werden die Generalsanierung, verwendete Baustoffe, die Kälte- und Wärmetechnik, die Energieeffizienz und das Sicherheitskonzept thematisiert.

 

(Fotoquelle Marcel Meinert, Landshut)

 

Wie haben Sie es geschafft, die Generalsanierung geschickt in 3 Bauphasen zu unterteilen, um den Spielbetrieb nicht zu sehr zu beeinträchtigen?

 

Es war die Maßgabe von Anfang an, wenn wir sanieren, werden wir die Saison nicht auslagern. Dies wurde zusammen mit dem Verein geprüft. Sofern wir größeren Schaden erlitten hätten, wäre das Unterfangen gar nicht möglich gewesen. Wir mussten mit dem EVL abstimmen, dass wir nicht die ersten Heimspiele hatten. Die Playoffs waren eigentlich nicht angedacht, das hat den Baubeginn nach hinten geschoben; diese Zeit wurde uns genommen, für den Profisport hier in Landshut sollten die Bauarbeiten die Saison nicht unterbrechen. Wir hatten die Überlegung, zuzumachen und die Halle 2 zu nutzen mit speziellen Tribünen, doch das ging nicht. Letztlich wurden es 3 Bauabschnitte, wobei Abschnitt 2 und 3 ohnehin verschmolzen. 

 

Unser Fokus lag in der Realisierung sinnvoller Bauabschnitte, die in einem vernünftigen Zeitfenster umsetzbar sind. Die Lüftung z.B. war erst in Abschnitt 3 durchführbar, deshalb vorher nur provisorisch. Auf der anderen Seite sind halbfertige Dachkonstruktionen ein Tabu, das geht gar nicht. Unsere strengen Vorgaben nach klaren Zeittakten war auch eine Chance für die Baustelle, um die beteiligten Firmen auf den engen Zeitplan hinzutrimmen. Diese Meilensteine waren wichtig für das gesamte Projekt. 2019 hätte es fast einen kritischen Zeitfaktor gegeben, als die Dachsanierung ungeahnte Schwierigkeiten bereitete.

 

Für das geneigte Auge des Betrachters hochinteressant ist die Tatsache, dass die Generalsanierung ganz untypisch und auch unorthodox für ein Bauprojekt von außen sprich von oben nach unten durchgeführt wurde. Primär stand die Dachsanierung auf der Agenda, wobei die Hülle entsprechend abgestützt wurde, um die Statik zu gewährleisten.

 

Fotoquelle: Fölsner Christian)

 

Welche innovativen neuen Baustoffe wurden bei der Generalsanierung verwendet?

 

Wesentliche Innovationen gab es nicht. Entscheidende Faktoren sind hier die Robustheit und die Vermeidung von hohem Unterhalt. Die Besonderheit und somit ein Blickfang und Eye Catcher ist die Fassade mit ihrer neuen grafischen Außenhülle, die in dieser Form einen einzigartigen Charakter aufweist. Dies stellt den Kontrast zum Beton her, den wir außen wegen der nötigen Stabilität und zwecks Vandalismus wählten. Dahinter steckt die Technik mit Lüftungskaminen und Stahltreppen als Fluchtwege. So gesehen ist die textile Fassade vom Material her die innovativste Lösung, die wir uns geleistet haben, welche frei drüber gespannt wurde. Es ist zudem eine wirtschaftliche Lösung.

 

Es gab auch einen Grafikwettbewerb seitens der Stadt Landshut mit einer on top Bedruckung, um das Ganze gestalterisch aufzuwerten. Zweifellos macht das was her, zusätzlich noch mit der Beleuchtung, wobei die Lampen erst Anfang Dezember geliefert werden. Die freigespannten Dachtragwerke sind eigentlich nichts Neues, die gibt es auch woanders, d.h. nichts, was man speziell für die Eishalle neu entwickeln musste. Hier kann man sich u.a. bei Gewerbehallen orientieren, das ist Industriestandard. Wir wollten die „Standardbaustoffe“ gezielt einsetzen: sehr zurückhaltend, aber sehr gut im Unterhalt. Bei der Bodenbeschichtung verzichteten wir z.B. auf Fließen in den WC Räumen. So entstand vielleicht ein optischer Anspruch, der evtl. vom Erwarteten etwas abweicht. 

 

Die Baustoffe wurden bewusst so gewählt und umgesetzt. Im Innenausbau ist wenig zu sehen, die Hülle im Rohbau wurde letztlich technisch und optisch überarbeitet. Auf einen Estrich wurde gänzlich verzichtet. Abgesehen von weniger Toleranzen ist Trittschall nicht nötig und Heizung fällt auch weg. Der blanke Beton wurde geglättet und beschichtet; das spart Zeit und ist auch nicht unbedingt notwendig. So gesehen fällt das bekannte Denkmuster bei einer Eishalle, die ja eine Umkehr vieler bauphysikalischer Vorgaben von einem normalen Gebäude ist, zum Opfer.

 

(Fotoquelle: idowa.de, Christine Vincon) Realisierung der grafischen Außenhülle

 

Welche Maßstäbe wurden an die Kälte- und Wärmetechnik gestellt?

 

Für die Kälte- und Wärmetechnik wurden sehr hohe Anforderungen gestellt. Laut Aussage des technischen Vertriebsleiters besteht das ureigene Wesen einer Eishalle in einem guten Eis. Die Eisqualität war ein wesentliches Planungskriterium für uns. Die bisherige Eismaschine war alt und wurde im Bauabschnitt auch ausgewechselt. Die Eisfläche per se wurde nicht großartig angepasst, in den 80ìger Jahren wurde sie ersetzt und wir haben sie etwas verschmälert. Die momentane Gebäudeleittechnik ist modernste Technik, es wurde von Gasbetriebskompressoren auf strombetriebene Kältemaschinen umgestellt, was die Effizienz erhöht und die Wartungsanfälligkeit reduziert. Es wird auch dort, wo es ging, die Abwärme von der Kältetechnik, die ja Wärme erzeugt, entsprechend genutzt.

 

Letztlich wurde die Eisqualität optimiert, es wurden entsprechende klimatische Verhältnisse geschaffen dank des erzeugten Kältesees, unserem Paradestück, das Neueste in der Halle. Dieser Kälte See wird mit den Lüftungsmaschinen oben und den Absaugern unter der Tribüne produziert, ähnlich wie in Augsburg und Schwenningen, wo es eine vergleichbare Technik gibt. Das ist State of the Art in diesem Metier und resultiert in hoher Effizienz. Man muss sich das so vorstellen: es gibt eine kalte Schicht über dem Eis, um die nötige Qualität zu haben. Wir blasen trockene und kalte Luft drauf. Aber der der Rest der Halle hat Wohlfühlcharakter für den Fan. Es ist nicht so kalt wie früher. Man erreicht eine Temperatur zwischen 14 und 16 Grad Celsius, d.h. über dem Eis ist die kalte Schicht, für die Spieler bei ca. 8 Grad, doch auf den Rängen spürt man die max. 16 Grad, was nur mittels dieses innovativen Kältesees ermöglicht wird.

 

Es wird letztlich eine Energieoptimierung geschaffen: es gibt keine Durchmischung der kalten mit der warmen Luft im Stadion, da die Luft sich übereinander „schichtet“. Man hat stets eine trockene kalte Luft auf dem Eis, die Qualität ist verbessert, es gibt keinen Nebel, der zu Reifbildung führen würde, was wiederum ein stumpfes Eis bewirkt, das dann langsam und schlechter wäre. Prinzipiell ist das keine Erfindung von uns, es gibt vergleichbare Systeme z.B. in Weißwasser; wir haben dies dann für unsere Zwecke angepasst und es funktioniert auch sehr gut. Im ersten Heimspiel gab es noch kleinere Probleme wegen dem Feintuning, aber beim dritten Match hier zuhause waren alle schon zufrieden mit den Neuerungen.

 

(Fotoquelle: Fölsner Christian)

 

Wie wird die Energieeffizienz künftig gewährleistet?

 

Wir haben die Energieeffizienz in allen Bereichen optimiert, es wurden nur modernste Anlagen herangezogen. Die Beleuchtung wurde komplett ausgetauscht, jetzt haben wir eine LED-Beleuchtung mit einer hohen Lichtstärke. Somit wird auch eine TV-Übertragung mit der Vorgabe von 1000 Lux ermöglicht. Es ist heller als früher, die Anforderungen sind zwar gewachsen, aber die Energieeffizient hat sich im Gleichschritt dazu verbessert.

Das Herz des Stadions pulsiert unten im Technikraum, wo sich die Heiztechnik befindet. Dort sind 2 Gasbrennwertkessel zu finden, es wurde auch ein BHKW integriert, das Wärme und Strom zugleich erzeugen kann. In diesem Areal befinden sich aus Redundanzgründen (Ausfall bzw. Reparatur) auch 3 Verdichter zur reibungslosen Kälteversorgung. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass man statt wie früher über 11 To nur noch über 9 To NH3 Speicherraum verfügt; ein klares Signal für Effizienz und Betriebssicherheit.

 

Zusätzliche Geldmittel aus dem Haushalt wurden für eine große Photovoltaikanlage auf dem Dach genehmigt. Der Strom wird für das Stadion und das Sportzentrum zur Verfügung gestellt; sofern es dann noch einen Überschuss geben sollte, kann dieser auch eingespeist werden, ansonsten dient er dem Eigenbedarf. Beim Eisstadion wird der Strom hauptsächlich vom Gebäude oder dem Nachbargebäude Sportzentrum verbraucht. Das ist sehr effizient. Wichtige Randnotiz: auch im Sommer gibt es einen Verbrauch, denn man muss sehr lange und auch wieder sehr bald Eis produzieren, um die Trainingsbedingungen zu gewährleisten. Die Lüftungsgeräte wurden dementsprechend konzipiert: Es ist Abwärme von der Kälteanlage zur Vorwärmung der Luft vorhanden. Die Anlagentechnik wurde komplett durchdekliniert und verifiziert und ist nun in allen Bereichen auf dem aktuellen Stand. Der Energieverbrauch ist zwar hoch, aber er wurde effizient gelöst.

 

(Fotoquelle: Fölsner Christian)

 

Welche Anforderungen wurden an das Sicherheitskonzept gestellt?

 

SICHERHEIT ist in der neuen Arena großgeschrieben: das war das Grundproblem im alten Stadion, denn wegen baulichem Brandschutz gab es früher dort massive Probleme. Deshalb wurde der gesamte Bestand überprüft und ertüchtigt. Die Fluchtwegbreiten wurden vergrößert und die Geländer wurden angepasst. Prinzipiell kann ein sogenanntes normales Regelwerk bei einem Eisstadion nicht 1:1 drüber gestülpt werden. Hier wurde ganz speziell ein ‚Entfluchtungskonzept‘ erarbeitet mit Computersimulationen. Somit wissen wir überall in der Halle, an jeder Stelle, wie lange der Zuschauer benötigt, um ins Freie zu gelangen. Demzufolge ließen sich etwaige Engstellen und Problemzonen eruieren, welche dann planerisch entschärft wurden. Nach notwendiger intensiver Abstimmung mit den Brandschutzplanern wurde alles in diesem Sinne umgesetzt.

 

Stichwort Dach: bei einer Versammlungsstätte muss das Dachtragwerk nicht brennbar ausgestattet sein, da das Dach sich in 12 m Höhe befindet. So ein Stahlträger schmilzt nicht, wenn es unten brennen sollte. Durch die große Höhe wird das Tragwerk bei einem Brand nicht so mit Hitze beaufschlagt und hat damit geringere Anforderungen. Das wurde mit der Brandsimulation bewertet und genehmigt. In diesem Kontext gab es auch Naturbrandversuche, um zu verifizieren, dass solche Träger keinen zusätzlichen Brandschutz benötigen. 

Einzige Ausnahme stellt die Lüftungszentrale dar, welche wegen der dortigen Schaltschränke und Geräte in der Dachebene ein Gefährdungspotential aufweisen. Deshalb wurde hier eine Brandschutzbeschichtung angebracht. Im Bereich der Lüftungsebene hängen die möglichen Brandlasten knapp unter dem Tragwerk, daher hohe Anforderungen mit Brandschutzbeschichtung und Löscheinrichtung.

 

Darüber hinaus fanden Diskussionen mit der Polizei und den Sicherheitskräften statt zum Thema „wie geht man mit rivalisierenden Fans um?“ Hier war unser Schlüsselerlebnis das Ravensburg Spiel im ersten Bauabschnitt; vorher war dieses Thema zur Separierung des Gästeblocks gar nicht akut. Nunmehr sieht man eine massive Abtrennung dieses Blocks. Insbesondere für Problem- oder Extremspiele wurden die mobilen Zaunanlagen installiert, mittels derer es nun einen eigenen Zugang zu den Toiletten und zum eigenen Kiosk für die Gästefans gibt, die zu 100% von den lokalen Fans getrennt sind. Im Rahmen des Busparkplatzes wurde diskutiert, wie die Gästefans sicher ins Gebäude gelangen. On top gibt es noch eine Glasbrüstung, die als Provokationsschutz dienen soll, um u.a. Wurfgeschosse zu vermeiden.

 

Alle Ordner wurden instruiert, es gab Feedback Gespräche nach den ersten drei Heimspielen, um evtl. Optimierungsbedarf zu ermitteln.

 

 

 

 



 

Weitere interessante Links:

www.deutschlandcup.de - Alle Informationen über den Eishockey Deutschland Cup seit 1987.

www.eishockey-deutschland.info - Alle Eishockey Weltmeisterschaften, Olympische Spiele seit 1910 bis heute.

 



 

 

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